Mit dem Beschluß des Bundesrates am 5.7.2013 zum Arzneimittelgesetzes wurde ein erster wichtiger Schritt zur Verringerung des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhaltung gemacht. Jeder Tierhalter und jeder Tierarzt muss die verabreichten Antibiotika in eine zentrale Datenbank melden.
Wie nötig diese ist, ist spätestens seit den Studien der Länder Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen klar, die 2011 erschreckende Ergebnisse zur Massenmedikation im Stall zutage gefördert haben. 2012 ist die erstmalige Dokumentation des gesamten Antibiotikaeinsatzes in der deutschen Landwirtschaft erfolgt. Mit 1.700 Tonnen liegt der Verbrauch mehr als doppelt so hoch wie in der Humanmedizin. Dieser Umgang mit Antibiotika trägt wesentlich zur problematischen Resistenzbildung bei. Auch die von der Branche selbst ermittelten Zahlen belegen: 83 Prozent aller Geflügelbestände und 76 Prozent der Schweinebestände erhalten Antibiotika.
Nach einer Studie der Tierärztlichen Hochschule Hannover wurden bei 90 % der untersuchten Masthühnchen multiresistente Keime gefunden.
Noch Anfang des Jahres hatte die schwarz-gelbe Bundesregierung eine Datenbank kategorisch abgelehnt. Dann kam ein schwacher Gesetzentwurf der Bundesregierung, der von schwarz-gelb im Bundestag weiter verwässert wurde. So sollte nicht einmal die Staatsanwaltschaft Zugriff auf die Daten haben. Dann sind im Vermittlungsverfahren von uns Grünen wesentliche Verbesserungen erzielt worden, insbesondere:
Bessere Dokumentationspflichten: es muss nicht mehr nur angezeigt werden, dass eine Antibiotika-Anwendung stattgefunden hat, sondern wie viele Tiere wie lange mit welcher Substanz und in welcher Menge behandelt wurden.
Die Behörden werden gestärkt in ihren Kompetenzen, Maßnahmen gegen einen überhöhten Antibiotikaeinsatz zu ergreifen. Sie können unter anderem auch Maßnahmen anordnen, die die Haltung betreffen – zum Beispiel Fütterung, Unterbringung, Besatzdichte, Mastdauer. Im schlimmsten Fall kann das Ruhen der Tierhaltung für bis zu drei Jahren angeordnet werden.
Datenverwendung: die erhobenen Daten dürfen nicht nur zur Reduktion des Antibiotikaeinsatzes verwendet werden, sondern die Behörden dürfen diese auch an die zuständigen Stellen weiterleiten, wenn sie Grund zur Annahme haben, dass Verstöße gegen das Lebens- und Futtermittelrecht, das Tierschutzrecht oder das Tierseuchenrecht erfolgt sind. Die Daten werden darüber hinaus auch einsehbar sein nach den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes und der Länder.
Trotz dieser Verbesserungen besteht aus grüner Sicht weiterer Handlungsbedarf in Punkten, die mit der schwarz-gelben Bundestagsmehrheit nicht zu machen waren. Neben einer vollständigen Erfassung aller Tier- und Nutzungsarten bei der Dokumentation sind beispielsweise rechtsverbindliche Antibiotikaleitlinien notwendig, um den Antibiotikaeinsatz zu begrenzen. Mengenrabatte für Antibiotika müssen verboten, Bestandsdichten reduziert und Haltungsverfahren tiergerechter werden. Denn klar ist: wenn wir die Resistenzsituation verbessern und die Wirksamkeit von Antibiotika dauerhaft sichern wollen, braucht es mehr als kosmetische Änderungen – es braucht einen Systemwechsel in der Tierhaltung.