1.) Bedeutung der Bioenergie für die Erzeugung von bedarfsgerechter Regelenergie wird ignoriert
Die Eckpunktedarstellung des Wirtschafts- und Energieministeriums verkennt die Bedeutung und das Potential der Biomasse für die Bereitstellung von bedarfsgerechter Regelenergie. Das Eckpunktepapier enthält hierzu keinen einzigen konkreten Vorschlag, obwohl Biomasse anders als die volatilen Erneuerbaren Energieträgern Sonne und Photovoltaik als einziger relevanter Energieträger im Bereich der Erneuerbaren Energien dazu in der Lage ist, Regelenergie bedarfsgerecht zu liefern, d.h. immer dann und kurzfristig Strom einzuspeisen, wenn dieser aus Wind und Sonne nicht zur Verfügung steht.
Nach den Zahlen, die Professor Leprich auf der Veranstaltung zur Bioenergie in der Landesvertretung Rheinland-Pfalz am 19. Januar 2014 vorgestellt hat, ist das Potential der Bioenergie, Regelenergie bereitzustellen, ganz erheblich. Insgesamt werden nach dieser Darstellung in Deutschland etwa 50.000 MW Regelenergie benötigt. Diese müssen zur Verfügung stehen, wenn Wind- und Sonnenenergie nicht oder nicht ausreichend Strom zur Verfügung stellen. Von dieser gesamten notwendigen Regelenergie könnten schon die bestehenden Bioenergieanlagen nach den Zahlen von Professor Leprich rund 15.000 MW, also etwa 30 Prozent, zur Verfügung stellen.
Dabei geht Professor Leprich davon aus, dass die gegenwärtig installierte Kapazität an Bioenergieanlagen von insgesamt 3.600 MW zukünftig völlig anders genutzt wird als bisher. Während die Bioenergieanlagen bisher mehr oder weniger rund um die Uhr laufen (24 Stunden Betrieb) würde die Nutzung zukünftig dergestalt erfolgen, dass die Bioenergieanlagen nur dann Strom einspeisen, wenn dies wegen ausbleibender Wind- und Sonnenenergie im Tagesverlauf gerade nötig ist. Dadurch würden sich die Einsatzzeiten pro Tag auf etwa ¼ reduzieren, gleichzeitig ließe sich aus der vorhandenen Bioenergieproduktion in den Einspeisestunden eine vierfache Energie einspeisen. Dies setzt allerdings voraus, dass beispielsweise das kontinuierlich produzierte Biogas gespeichert wird und nur bei Bedarf mit leistungsstärkeren Motoren in Strom umgewandelt und eingespeist wird. Dazu würde kein einziger Hektar Fläche und keine einzige zusätzliche Tonne Biomasse benötigt, weil die Jahresproduktion gleichbleiben würde.
Der Ausbau der Bioenergie müsste sich auf diesen Pfad konzentrieren.
Das Eckpunktepapier greift diese Chance nicht auf.
2.) Der Deckel für Biomasse ist de facto ein vollständiger Ausbaustop
Der für die Bioenergie geplante Deckel von 100 MW Zubau pro Jahr ist de facto ein vollständiges Abwürgen der Bioenergie. Dieser sogenannte Deckel ist so gering, dass er einen relevanten Zubau von Bioenergieanlagen nicht mehr ermöglichen wird. Der geplante jährliche Zubau würde, wenn man von einer gleichmäßigen Verteilung dieses Zubaus über die ganze Bundesrepublik ausgehen würde, zu einem maximalen Zubauvolumen in Rheinland-Pfalz 5 MW pro Jahr führen. Dies bedeutet, da neu gebaute Bioenergieanlagen heute eine Leistung von durchschnittlich 1,1 MW (2013 in Deutschland 180 neue Anlagen mit insgesamt 203 MW elektrischer Leistung) haben, dass in Rheinland-Pfalz pro Jahr nur noch 5 Bioenergieanlagen zugebaut werden könnten.
Dies würde alle Bioenergieanlagen einschließen, auch solche, die Bioabfälle oder Reststoffe oder Gülle oder landwirtschaftliche Reststoffe verwerten, wie auch alle Anlagen die mit dem Rohstoff Holz arbeiten. Im Ergebnis würde damit der Bioenergieausbau faktisch abgewürgt. Je nach Ausgestaltung könnte es sogar den weiteren Ausbau von Biogasanlagen im Bereich der Klärschlammvergärung betreffen, wo noch ein erhebliches Ausbaupotential besteht. Betreffen würde dieser Ausbaustopp ggf. ferner den Bau von Biogasanlagen mit dem Rohstoff Bioabfall. Auch hier besteht ein erhebliches Ausbaupotential, da ab 2015 verpflichtend die Einführung der getrennten Sammlung von Bioabfall kommen wird und die Verwertung des Biomülls (des Inhalts der Biotonne) in Biogasanlagen vorzugswürdig wäre.
Die im Eckpunktepapier ausgeführte Präferenz für Anlagen, die mit Abfall und Reststoffen arbeiten, wird durch die Deckelung jedenfalls konterkariert geführt, da faktisch kein Ausbau mehr möglich ist.
3.) Der Wegfall der Einsatzstoffvergütungsklassen ist ökonomisch und ökologisch schädlich
Besonderes kritisch vermerkt werden muss, dass die Einsatzstoffvergütungsklassen, die bisher für das EEG maßgebend sind, komplett abgeschafft werden sollen. In den Einsatzstoffvergütungsklassen sind bisher Boni für verschiedene Einsatzstoffe für Bioenergieanlagen festgelegt. Dabei wäre durchaus richtig, den besonderen Bonus für den Einsatz von Mais komplett zu streichen, da eine zusätzliche Nutzung von Mais in Biogasanlagen aus landschaftsökologischen Gründen nicht wünschenswert ist.
Zu bedauern ist aber, dass nicht nur die besondere Bonitierung für Mais abgeschafft werden soll, sondern auch für alle Roh- und Reststoffe, insbesondere auch für alle Abfall- und Reststoffe, für alle ökologisch vorteilhaften Rohstoffe, z. B. Kleegras oder Blühpflanzenmischungen und auch die Bonitierung für den Einsatz von Landschaftspflegematerial, Holzabfällen oder Holzrohstoffen komplett entfallen soll.
Ohne diese Vergütungsklassen für Energiepflanzen und tierische Exkremente (Gülle, Mist) wären neue Biogasprojekte nicht mehr wirtschaftlich darstellbar.
Die Landwirtschaft wäre beim Thema Biogas/Bioenergie ausgeschaltet. Selbst das größte für die Biogaserzeugung noch zu erschließende Reststoffpotenzial, die großen bislang ungenutzten Mengen an Gülle und Mist, wäre nicht mehr zu heben, weil dafür die Vergütungen der Einsatzstoffklasse 2 bzw. aus § 27 b EEG 2012 (75 kW-Klasse) nötig sind. Und dies, obwohl die Güllevergärung durch Vermeidung von Methanemissionen, Schließung von Nährstoffkreisläufen und durch regionale Wertschöpfung das klassische Bespiel für eine sinnvolle Kreislaufwirtschaft ist.
Durch die komplette Streichung der Einsatzstoffvergütungsklassen werden alle ökologisch vorteilhaften Nutzungen von Bioenergie faktisch beendet.
4.) Wegfall des Gasaufbereitungsbonus blockiert effiziente Nutzung der Bioenergie als bedarfsgerechte Regelenergie
Kritisch ist festzuhalten, dass nach dem Eckpunktepapier auch der sogenannte Gasaufbereitungsbonus entfallen soll. Dieser Bonus wurde bisher gewährt, wenn produziertes Biogas zusätzlich aufbereitet wurde, damit es ins Erdgasnetz eingespeist werden konnte. Mit der Einspeisung ins Erdgasnetz war in besonderer Weise eine Möglichkeit der Produktion von Regelenergie geschaffen worden, weil dadurch das Biogas dorthin geleitet werden konnte, wo am effektivsten und bedarfsgerecht Strom und Wärme gleichzeitig in BHKWs erzeugt werden kann.
Aufbereitetes Biomethan kann im Langzeitspeicher Erdgasnetz
in großen Mengen gespeichert und auch unabhängig von Stromnetzen in ganz Deutschland zu effizienten KWK-Anwendungen transportiert werden.
Die Technologieentwicklung im Bereich der Gasaufbereitung, die
in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht hat, würde abrupt gestoppt, ein interessanter Exportmarkt könnte ohne Inlandsmarkt nicht mehr bedient werden
Das Eckpunktepapier beschränkt sich darauf, die Produktion von Bioenergie als besonders kostenträchtig darzustellen. Dies ist aber bereits deshalb unrichtig, weil die Wertigkeit der Erzeugung von Regelenergie aus erneuerbaren Quellen überhaupt nicht berücksichtigt wird, obwohl dies eine wesentliche Zukunftsaufgabe des EEG sein müsste.
5.) Flexibilitätsprämie erhalten
Das Eckpunktepapier sieht zwar vor, dass Anreize erhöht werden sollen, welche eine flexible an den Markt angepasste Stromerzeugung in Biogasanlagen fördern.
Für diesen Zweck wurde im EEG 2012 mit §33i eine Flexibilitätsprämie eingeführt, die Betreiber erhalten, sofern diese Strom ausschließlich direkt vermarkten und zusätzlich regelbare Gasspeicherkapazität und BHKW-Leistung installieren.
6.) Vergütung erweiterter Biogasanlagen
Das Eckpunktepapier sieht generell vor, die zusätzlich erzeugte Strommenge von zukünftig erweiterten Biogasanlagen nach den Sätzen des EEG 2014 zu vergüten. Dieser Ansatz steht im Widerspruch zu der bisherigen vorherigen EEG – Struktur und erschwert den Aufbau eines flexiblen Regelenergiebetrieb.
7.) Befreiung von der Zahlung der EEG-Umlage bei Eigenstromnutzung muss erhalten bleiben
Nach dem aktuellen EEG (2012) muss bei der Nutzung des in EE-Anlagen selbst produzierten Stroms keine EEG-Umlage (6,24 cent / kWh im Jahr 2014) bezahlt werden. Dies gilt aber nur, sofern der Strom durch kein Netz geleitet wird oder im räumlichen Zusammenhang zu der Stromerzeugungsanlage verbraucht wird (siehe EEG, § 37, Abs. 3.).
Das Eckpunktepapier sieht vor, dass zukünftig alle Neuanlagen (auch alle Bioenergie-Anlagen) hiervon ausgenommen werden sollen. Daraus resultiert, dass die Endverbraucher auch bei der Nutzung von eigenerzeugtem Strom (mit Ausnahme des Stroms der im Kraftwerksbetrieb verbraucht wird) an der EEG-Umlage beteiligt werden sollen. Nähere Pläne, welche die Höhe des zu zahlenden Betrags pro kWh beschreiben, existieren noch nicht. Weiterhin soll eine noch näher zu definierende Bagatellgrenze (eventuell nur 10 kW als Anlagenleistungsgrenze) eingeführt werden, ab der diese Regelung gilt.
Diesen Änderungsvorschlägen ist entschieden zu widersprechen, da sich diese gegen eine umweltfreundliche, dezentrale Energieversorgung richten.
Durch diese Pläne würde in Gänze die Rentabilität der Eigenstromnutzung von EE gefährdet und betriebsinterne Effizienzsteigerungsmaßnahmen verhindert.
Beispielsweise würden Klärgasanlagen, in denen Biogas aus Klärschlamm gewonnenen und zur Eigenversorgung der Kläranlage eingesetzt wird, unsinnig belastet. Gleiches gilt für die Eigennutzung von Biogasstrom aus Bioabfällen oder die Eigennutzung von Strom aus Gülle-Biogasanlagen in landwirtschaftlichen Betrieben.
Eine ökologisch und ökonomisch sinnvolle Nutzung von Abfällen zur Eigenstromerzeugung wird damit verhindert und ein schädlicher Anreiz geschaffen, auf umweltschädliche und energieintensive Abfallbehandlungsmethoden (Klärschlammverbrennung, Abfallverbrennung) zurück zu fallen.
Daher muss das EEG 2014 sicherstellen, dass Betriebe, die selbst produzierten Strom aus EE nutzen, auch weiterhin von der EEG-Umlage befreit bleiben.
8.) Mangelnder Vertrauensschutz für längerfristig geplante Vorhaben
Kritisch ist der fehlende Vertrauensschutz festzuhalten.
Der Vertrauensschutz muss sich entsprechend den Vorgaben des Koalitionsvertrages auf alle Projekte erstrecken, die bereits Investitionen in Planungen, Genehmigungsvorbereitungen, Genehmigungen oder Bau getätigt haben.
Die entsprechende Passage des Koalitionsvertrages auf Seite 50 lautet: „Der Vertrauensschutz im Hinblick auf getätigte und in der Realisierung befindlichen Investitionen ist entsprechend zu gewähren.“
Da die Fertigstellung einer Biogasanlage selbst nach erfolgter Genehmigung ein bis anderthalb (z.B. Biomethanprojekte) Jahre in Anspruch nimmt, muss eine Übergangsfrist mindestens bis zum 31.12.2015 für alle im Planungs- und Genehmigungsstadium befindliche Biogasprojekte gelten, um bereits getätigte Planungsinvestitionen nicht zu ruinieren.