BIO- Ernährung ist angesagt. Aber woher kommen gesunde Lebensmittel? Wie werden sie angebaut? Kann man auch selber tätig werden? Diese und viele weitere Fragen standen im Mittelpunkt einer aufschlussreichen Exkursion zu Gut Hebscheid, einem ökologisschen Integrationsbetrieb am Samstag, den 5. April 2014.
Die meisten Neugierigen kamen an diesem Tag aus den Niederlanden. Aber auch aus Belgien und Aachen interessierten sich grüne KommunalpolitikerInnen, KundInnen und Fachleute für die Geschichte und alltägliche Arbeit auf dem Biohof.
Besonderes Interesse fand die intensive Arbeit auf Gut Hebscheid zur Integration von Menschen mit psychischen Erkrankungen und Lernbehinderungen. Ein integrativer Ansatz, der ein ganz neues Licht auf das Thema Inklusion warf.
Echte Bio-Pionierin: Waltraud Hoven
Denn der Gründungsgedanke des Hofs beruht auf der Philosophie von Waltraud Hoven aus Kornelimünster, Pionierin der biologischen Ernährung schon in den 50er Jahren: Respekt von der Natur zeigen, die uns gesunde Lebensmittel schenkt – wenn wir nur achtsam mit ihr umgehen. Früh beschäftigte sie Arbeitskräfte, die auf dem üblichen Arbeitsmarkt keine Chancen hatten.
„Das ist der Ursprung unseres Biohofs“, betonte Frau Plessmann, die fachliche Leiterin der Ausbildung und Weiterentwicklung des Bio-Anbaus. Die körperliche Arbeit mit der Natur, das Anpflanzen und die Pflege der Beete hat schon vielen Menschen neue Stärke und Lebenskraft zurückgegeben.
Seit geraumer Zeit wurde deswegen auch die Verpachtung von kleinen Flächen in den Gewächshäusern und den freuen Beeten ausgeweitet. In diesem Jahr werden es mehr als 100 KleinpächterInnen sein, die – oft mit ihren Kindern und Familien – hier eigene gesunde Nahrungsmittel selber erzeugen.
David gegen Goliath?
Den Kampf gegen die Groß-Agrar-Industrie kann man alleine damit aber nicht gewinnen. Zumal die EU-Kommission den Biobauern gerade die Arbeit durch unsinnige bürokratische Auflagen erschweren will.
Dr. Thomas Griese, GRÜNER Staatssekretär im Umwelt- und Landwirtschaftsministerium in Mainz, hielt darüber einen aufschlussreichen Vortrag, der detailliert den Siegeszug der BIO-Ernährung beschrieb. In der Diskussion wurden verschiedene Aspekte aufgegriffen.
Ein Landwirt aus dem Aachener Süden kritisierte die Bevorzugung der großen Höfe und multinationalen Futtermittel-Erzeuger. Sein Sohn steht vor dem Beginn eines Studiums der Agrar-Wissenschaft und beklagte die risikoreiche massenhafte Verwendung von prophylaktisch verabreichten Antibiotika. Über zehntausend Todesfälle jährlich in der EU werden inzwischen auf multiresistente Keime zurückgeführt, die durch überhöhten Antibiotikaeinsatz in der Tiermast entstehen.
Ein Vertreter der Vereinigung „Solidarische Landwirtschaft“ aus Vaals/Gut Wegscheid beschrieb das Geschäftsmodell, mit dem auch kleinere Landwirte überleben können. Mit einer genossenschaftsähnlichen Vereinigung stellen die KundInnen einen jährlich fälligen Betrag zur Verfügung. Regionale Vermarktung, Förderung der Biolebensmittel, hohe Qualität – ein Modell, dass auch die anwesenden InteressentInnen beeindruckte.
Blick über den Tellerrand
Bio ist längst nicht mehr nur Nische, und das Drei-Länder-Eck bietet noch viel mehr Wissenswertes, das nicht nur die Ernährung betrifft. In den Dank für die gelungene Veranstaltung schloss sich der Wunsch ein, dass zu anderen Themen des Umweltschutzes, der Natur und der Stadtentwicklung ähnliche Konferenzen und Besichtigungen organisiert werden sollten. Spätestens nach der Kommunal- und Europawahl soll es ein Nachfolgtreffen geben. Herzliche Umarmungen und Freude auf ein Wiedersehen beschloss das Treffen. Nur die angekündigte Sonne zeigte sich nicht. Die strahlte dafür von innen!
Bericht Jochen Luczak